Foto Edgar Einemann Prof. Dr. Edgar Einemann

China: Arbeit und Umwelt

Viele deutsche Maoisten aus kommunistischen Klein-Parteien der frühen siebziger Jahre sind nach den Großdemonstrationen der Friedens- und der Umweltbewegung zu führenden Köpfen der GRÜNEN geworden, und viele sind in den Gewerkschaften in wichtige Positionen gekommen. Damit waren sie Trendsetter – die Frage ist, mit welcher Geschwindigkeit die Kommunistische Partei Chinas ihnen mit ihrer Politik  nachfolgt.  
Mit Urteilen über Länder, die man aus eigener Anschauung nicht kennt, sollte man vorsichtig sein. Aber Berichte aus den Medien und die Schilderung persönlicher Erfahrungen von Bekannten erlauben zumindest das Benennen von Problemen und die Andeutung von politischen Trends.

Inzwischen häufen sich Berichte über den Rekord-Smog in Peking mit ernsthaften Folgen für die Gesundheit der Menschen. Es gibt angeblich Fahrverbote für Autos, geschlossene Fabriken und das Ausrufen des Luftnotstands. Über die Arbeitsbedingungen in Fabriken gibt es immer wieder Berichte, die eher an die Beschreibung  der „Lage der arbeitenden Klassen in England“ von Friedrich Engels aus dem Jahr 1845 als an eine halbwegs humane Arbeit erinnern. Lange Arbeitszeiten, niedrige Löhne, das Leben in Wohnheimen in sehr beengten Verhältnissen, gesundheitsgefährdende Arbeiten und die Verschmutzung der Umwelt als Folge der Produktion sind immer wieder Thema. Berichtet wird z. B. über die Produktion und die Situation von Arbeitern, verbreitete Selbstmorde bzw. Selbstmordversuche und zumindest kleinere Aufstände bei Foxconn, einem großen Zulieferer für viele Weltkonzerne.
Den Zusammenhang zwischen gesundheitsgefährdender Arbeit und Umweltverschmutzung beleuchtet ein immer noch abrufbarer Fernsehfilm des NDR aus dem Jahr 2012 mit dem Titel „Der Preis der Blue Jeans“.  Beeindruckend gezeigt wird, wie Preisvorgaben von Großunternehmen und zweifelhafte Mode-Vorstellungen von Konsumenten zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen führen – und wie giftige Abwässer der Fabriken die Umwelt und die Nahrung verseuchen. Der SPIEGEL  kam am 17.3.2013 zu dem Ergebnis, China habe im Namen des Wachstums „ein ökologisches Desaster produziert, das immer mehr zur Wachstumsbremse wird. Die Folgekosten der Umweltverschmutzung machen inzwischen fast sechs Prozent der Wirtschaftsleistung aus“. Ganz nebenbei geht es auch noch um menschliches Leid in kaum vorstellbarem Ausmaß. Vor kurzem soll China die Existenz von „Krebsdörfern“ eingeräumt haben, in denen sich schwerste Erkrankungen in der Nähe von Industriezentren besonders häufen.
Laut SPIEGEL wächst der öffentliche Druck. „Besonders die städtische Mittelschicht hat sich an einen höheren Lebensstandard gewöhnt - und fordert nun mehr Lebensqualität: sauberere Luft, sauberes Wasser, unbelastete Lebensmittel. Laut einer Gallup-Umfrage von Dezember 2012 finden inzwischen 57 Prozent der Chinesen Umweltschutz wichtiger als Wirtschaftswachstum.“
Ein Text im „China-Blog“ der ZEIT vom 18.6.2013 hat die Überschrift „Chinas legt radikalen Umweltplan vor“. Der neuen chinesischen Führung geht es angeblich um ein neues Entwicklungsmodell und um einschneidende Maßnahmen. Das ist zumindest eine frohe Botschaft. Schön wäre, wenn denn die regierende Partei auch noch freie Gewerkschaften zulassen und in den Fabriken für humane und umweltfreundliche Arbeit sorgen würde. Geld genug muss ja vorhanden sein, wenn man in Europa auf Einkaufstour gehen und den USA über 1,1 Billionen Dollar leihen kann.

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