Foto Edgar Einemann Prof. Dr. Edgar Einemann

Entwicklung politisch-strategischer Konzepte und ihre Erprobung in der Erwachsenenbildung (1981-85)

Unser Projekt "Strukturwandel" im Bildungsbereich des "Denktanks KUA" bestand in der Entwicklung von strategischen politischen Konzepten, ihre Umsetzung in Seminarkonzepte und deren Erprobung. Ziel war die kreative Zusammenfassung, Bündelung und Aufbereitung von kritischen Ansätzen - und, wenn möglich und nötig, deren Weiterentwicklung. Dabei ging es auch um die Beantwortung der Frage, welche fortschrittlichen Ideen denn in der Arbeitnehmerschaft überhaupt und in welcher Form auf Resonanz stoßen und welche nicht.

Inhaltlich ging es um die Frage regionaler Ansätze zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, um alternative Produkte für die Rüstungsindustrie, um Aktivitäten zur Humanisierung der Arbeit und zur Gestaltung des technischen Wandels sowie um die ökologische Zukunftsgestaltung. Eine Zusammenfassung unserer Ansätze haben wir auf Basis von fünf Broschüren und vielen Diskussionen in der Praxis 1985 vorgestellt. Die Beteiligung am Fischer-Öko-Almanach 1982/83 und die Herausgabe eines Buches zu lokalen Beschäftigungsinitiativen in Deutschland (1986) im Kreise prominenter Mitautoren sind Signale für die Mitwirkung an der kritischen Diskussion von Neuansätzen in den achtziger Jahren.  

Auf Basis des von Oskar Negt formulierten Konzepts des exemplarischen Lernens wurde mit längerfristiger betriebsnaher Bildung versucht, eine möglichst aktive Beteiligung der Betroffenen zu erreichen. Ausgangspunkt war die These, dass Arbeitnehmer im Betrieb zu einem forschenden Lernen in der Lage sind und Projekte zur Analyse und Verbesserung der eigenen Lage realisieren können - zumindest mit externer Unterstützung durch Gewerkschaften und/oder Wissenschaftler.

Eine solche "Betroffenenforschung" wurde im Projekt "Strukturwandel" (Krise, Rationalisierung, Humanisierung) erfolgreich realisiert und dokumentiert. Im Schiffbau war es die Entwicklung einer "Arbeitermedizin": Werftarbeiter haben Umfragen zu ihren Arbeitsbelastungen und zu ihrer Gesundheit gemacht, die ausgewerteten Ergebnise diskutiert und Vorschläge zur Humanisierung der Arbeit entwickelt. In der Luft- und Raumfahrt ging es um die Entwicklung von Vorschlägen für eine "alternative Produktion": Man stellte sich (auf dem Höhepunkt der Friedensbewegung) vor, es würde Frieden ausbrechen - was wäre dann mit den Arbeitsplätzen? Die Entwicklung von Alternativen zur Rüstungsproduktion sollte zugleich davor schützen, als Beschäftigte der Rüstungsindustrie gegen die Friedensinitiativen ausgespielt zu werden und immer nur nach neuen Rüstungsaufträgen zu rufen. Auch bei der Entwicklung regionaler Strategien gegen die Arbeitslosigkeit spielten sozial-ökologische Zukunftskonzepte eine immer größere Rolle - sie waren in den Betrieben mit Arbeitnehmern und Gewerkschaften gut diskutierbar.

Die Vernetzung der gewerkschaftlich geprägten sozialen und ökologischen Konzepte mit der politisch-strategischen Diskussion bei SPD und Jusos war eines von vielen Elementen des politischen und kulturellen Wandels in den achtziger Jahren, der in der SPD zum Aufstieg der "Enkel-Generation" und später zur Übernahme der Bundesregierung durch SPD und GRÜNE geführt hat. Viele Positionen, die heute in der Bevölkerung merhrheitsfähig sind, wurden in den achtziger Jahren von kleinen Gruppen entwickelt. Man denke nur an die Kritik der Nutzung der Atomkraft und die Entwicklung von alternativen Energiekonzepten oder von Vorschlägen für ein ökologisches  Wachstum. Heute scheint es hier (z. B. unter dem Stichwort "Industriepolitik" trotzt aller Unterschiede weitgehende Konsense zu geben.